Landtagswahlen im Osten III: Politische Unzufriedenheit in Thüringen, Brandenburg und Sachsen

Landtagswahlen im Osten III: Politische Unzufriedenheit in Thüringen, Brandenburg und Sachsen

Franziska Schrader - 3. September 2024

YouGov-Umfrage aus dem August 2024 unter Wahlberechtigten in Sachsen, Thüringen und Brandenburg anlässlich der gewesenen und anstehenden Landtagswahlen im September

Am vergangenen Sonntag, 1. September 2024, wurde in Thüringen und Sachsen jeweils ein neuer Landtag gewählt. Und auch in Brandenburg steht in Kürze eine Landtagswahl an. Die großen Erfolge der bisher noch nie an einer Landesregierung beteiligten AfD in Thüringen und Sachsen sind bereits im Vorfeld erwartet worden und sind auch für die Wahl in Brandenburg abzusehen. Auch das erst kürzlichg gegründete Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) kann in den drei Bundesländern punkten. Eine Anfang August durchgeführte YouGov-Umfrage unter 1.898 Wahlberechtigten in Brandenburg, Thüringen und Sachsen liefert in diesem Kontext spannende Einblicke in die politischen Einstellungen, Meinungen und Lebenswelten der Menschen vor Ort. Die Umfrage wurde zwischen dem 9. und 16. August 2024 durchgeführt.

Zwei Drittel unzufrieden mit bestehender Demokratie

Die Stimmung in den drei Bundesländern ist grundsätzlich gekennzeichnet von politischer Unzufriedenheit und geringem Vertrauen in demokratische Institutionen: Vier von fünf Wahlberechtigten aus Thüringen, Sachsen und Brandenburg (82 Prozent) sind (eher) unzufrieden mit der Ampel-Regierung und mehr als zwei Drittel (68 Prozent) (eher) unzufrieden mit der Demokratie, so wie sie gerade in Deutschland besteht. Mindestens zwei Drittel der Befragten geben zudem an, der Bundesregierung (71 Prozent), dem Bundestag (66 Prozent) und den Institutionen der EU (66 Prozent) (eher) nicht zu vertrauen.

Diese negative Stimmung ist in der bundesdeutschen Wahlbevölkerung insgesamt weniger stark ausgeprägt. So ist die Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung hier zwar auch auf hohem Niveau (72 Prozent), liegt damit aber auch 10 Prozentpunkte unter dem Wert in den drei betrachteten Bundesländern. Auch geben hier weniger Befragte an, der Bundesregierung (59 Prozent), dem Bundestag (52 Prozent) und den Institutionen der EU (51 Prozent) (eher) nicht zu vertrauen.

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Die eigenen Landesregierungen scheinen für die Befragten in Brandenburg, Thüringen und Sachsen dagegen etwas weniger negativ besetzt zu sein. Hier liegt der Anteil der (eher) Unzufriedenen bei 60 Prozent und damit 22 Prozentpunkte geringer als bei der Bewertung der Bundesregierung. Auch das Vertrauen in die Landesregierung ist vergleichsweise hoch: 45 Prozent geben an, ihr (eher) zu vertrauen, 51 Prozent vertrauen ihr dagegen (eher) nicht. Allerdings ist dies kein alleiniges Kennzeichen der betrachteten Bundesländer. Auch in der gesamten deutschen Wahlbevölkerung sind die Vertrauenswerte der Landesregierung mit 50 Prozent, die (eher) vertrauen, und 42 Prozent, die (eher) nicht vertrauen, vergleichsweise hoch.

Zustimmung zur „Brandmauer“ gegen die AfD bundesweit verbreiteter

Innerhalb der Diskussion, ob jedwede Zusammenarbeit mit der AfD im Sinne einer „Brandmauer“ ausgeschlossen werden sollte, positionieren sich die Befragten eher durchmischt. In Thüringen, Brandenburg und Sachsen findet etwas mehr als ein Drittel (35 Prozent), dass die anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit der AfD vollständig ausschließen sollten. Ein ähnlich großer Teil (33 Prozent) gab an, dass eine Zusammenarbeit je nach Fall in Erwägung gezogen werden sollte. Die aktive Suche nach einer Zusammenarbeit mit der AfD befürworten hier dagegen 26 Prozent der Befragten. In der bundesdeutsches Wahlbevölkerung fällt die Beurteilung dieser Frage eindeutiger aus: Fast jeder Zweite (47 Prozent) meint, dass die anderen Parteien eine Zusammenarbeit vollständig ausschließen sollten, eine aktive Suche der Zusammenarbeit befürworten dagegen nur 15 Prozent.

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Was das BSW angeht, sind die Befragten offener: In Thüringen, Brandenburg und Sachsen ist nur jeder Fünfte (20 Prozent) der Meinung, dass die anderen Parteien eine Zusammenarbeit vollständig ausschließen sollten, während 29 Prozent für das aktive Suchen einer Zusammenarbeit mit dem BSW plädieren. 40 Prozent wären dagegen dafür, je nach Fall eine Zusammenarbeit in Erwägung zu ziehen. In der gesamten deutschen Wahlbevölkerung teilen genauso viele Befragte (40 Prozent) diese Einschätzung zur individuellen Abwägung einer Zusammenarbeit. Bundesweit sprechen sich jedoch nur 15 Prozent für das aktive Suchen einer Zusammenarbeit mit dem BSW aus, während 27 Prozent finden, dass die anderen Parteien eine Zusammenarbeit vollständig ausschließen sollten.

Mehr als jeder Zweite sieht Zuwanderung eher als Belastung für den Wohlstand

Als wichtigstes Thema, um das sich Politikerinnen und Politiker in Deutschland kümmern sollten, wählen die Befragten in den drei Bundesländern mit Abstand am häufigsten das Thema Einwanderung und Asylpolitik aus (35 Prozent). Kein anderes Thema erreicht hier ein zweistelliges Ergebnis, auf Platz 2 liegt mit 8 Prozent das Thema Wirtschaft.

Bei dem also weitaus wichtigsten Thema Migration und Asylpolitik wird in Thüringen, Sachsen und Brandenburg unter allen Parteien wiederum der AfD die größte Kompetenz zugeschrieben: Ein Drittel (34 Prozent) der Befragten ist dieser Meinung. Wenig überraschend liegt dieser Wert besonders hoch unter jenen, die beabsichtigen, bei den kommenden Landtagswahlen AfD zu wählen (91 Prozent). Innerhalb der anderen Wählergruppen ist er deutlich geringer: Unter den Sympathisantinnen und Sympathisanten des BSW teilt allerdings noch jeder Fünfte (20 Prozent) diese Meinung, während es unter CDU-Anhängerinnen und -Anhängern nur 14 Prozent sind. In den Wählerschaften der Grünen (0 Prozent), der SPD (4 Prozent) und der Linken (5 Prozent) sind nur verschwindend kleine Anteile dieser Ansicht. In der Gesamtbetrachtung landet die CDU bei der Kompetenzbewertung in diesem Bereich mit 16 Prozent auf Platz zwei. 15 Prozent der Befragten finden hier dagegen keine der Parteien kompetent, weitere 13 Prozent wählen die Option „Weiß nicht“.

Betrachtet man die inhaltliche Positionierung der Befragten in den drei Bundesländern zu diesem Thema, zeigt sich ein überwiegend migrationskritisches Bild: 51 Prozent der Befragten sind hier (eher) der Ansicht, Zuwanderung sei eine Belastung für unseren Wohlstand. Dagegen glaubt nur jeder Fünfte (22 Prozent) (eher), dass Zuwanderung nötig sei, um Arbeitskräfte und unseren Wohlstand zu sichern. 24 Prozent der Befragten verorten ihre persönliche Ansicht in der Abwägung zwischen diesen beiden Aussagen eher in der Mitte.

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Eindruck von Benachteiligung Ostdeutscher stark vorherrschend

In den drei betrachteten Bundesländern herrscht überwiegend der Eindruck einer Benachteiligung Ostdeutscher gegenüber Westdeutschen. 4 von 5 Befragten (80 Prozent) sind (eher) der Meinung, in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung seien Ostdeutsche gegenüber Westdeutschen benachteiligt worden. Weitere 72 Prozent sind (eher) der Ansicht, dass auch aktuell noch solche Nachteile bestehen. Dieser Wert ist unter über 60-Jährigen etwas erhöht, hier stimmen 87 Prozent zu, es hätte nach der Wiedervereinigung Nachteile gegeben, 77 Prozent sehen diese Nachteil wiederum auch aktuell.

Unter den Befragten in Deutschland insgesamt herrscht dieser Eindruck dagegen deutlich seltener vor: Hier glauben nur 49 Prozent an Nachteile der Ostdeutschen in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung und nur ein Drittel (36 Prozent) findet, dass auch heute noch solche Nachteile bestehen.

Foto: Martin Schutt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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