Warum Kaufland Wendlers Meinung #nichtegal war
Kaufland will wachsen und muss sein Image verbessern. Als sich Schlagersänger Michael Wendler für eine Werbekampagne disqualifizierte, handelte das Unternehmen schnell. Die meisten Verbraucher finden das richtig.
„Regal!“ schmetterte Michael Wendler in der Kaufland-Version seines viralen Hits „Egal“ – allerdings nur einen Tag lang. Dann zog Kaufland die Werbung zurück, distanzierte sich mit dem Hashtag #nichtegal von dem Schlagersänger und löschte „den ganzen Wendler-Content“, wie das Unternehmen auf Twitter schrieb.
Michael Wendler hatte nur wenige Stunden zuvor in einer Instagram-Story Medien als gleichgeschaltet bezeichnet und Verschwörungserzählungen verbreitet. Wie zu erwarten finden sich in den Antworten auf den Kaufland-Tweet Unterstützer beider Seiten. Ein repräsentatives Bild davon, wie die Deutschen den Umgang von Kaufland (und Werbetreibenden generell) mit in Ungnade gefallenen Promis beurteilen, bieten aktuelle YouGov-Daten.
Was hat Kaufland zu verlieren? In den vergangenen zwölf Monaten hat mehr als jeder vierte Deutsche bei Kaufland eingekauft. Die Kette steht damit an sechster Position im Ranking der Kundenzahlen, die wir in unserem Markenmonitor BrandIndex für 30 Lebensmitteleinzelhändler erheben. Kaufland übernimmt in den kommenden Monaten einen großen Teil der Supermarktkette Real, dürfte dadurch im Ranking an Aldi Süd und Netto vorbeiziehen und möglicherweise an Kundenzahlen von Edeka oder Rewe anschließen, wo jeweils 43 bis 45 Prozent der Deutschen einkaufen. Die meisten Kunden hat übrigens Lidl, Kauflands Schwester-Kette in der Schwarz-Gruppe.
Rewe und Edeka hinterlassen besseren Eindruck
Ob Verbraucher zu Kaufland gehen oder woanders einkaufen, hängt neben der Anzahl der Filialen auch mit dem Image der Marken zusammen, das wir ebenfalls im BrandIndex quantifizieren. Darin fließen Werte wie die Wahrnehmung von Qualität oder Preis-Leistungs-Verhältnis ein, auf die eine Assoziation mit einer unpassenden Werbefigur nur bedingt Einfluss hat.
Aber auch der allgemeine Eindruck einer Marke zahlt auf das Image ein. Und dieser Wert hätte leiden können, wenn Kaufland weiter mit Michael Wendler zusammengearbeitet hätte. Ohnehin hat Kaufland beim allgemeinen Eindruck schon Arbeit zu leisten. Auf unserer Skala von -100 bis +100 Punkten erreicht Kaufland +33 Score-Punkte (Saldo aus positiven und negativen Antworten zum Image), erhoben unter Befragten, die die Marke kennen. Rewe und Edeka hingegen erreichen +50 Punkte und mehr. Dieser Abstand lässt sich nicht mit der Übernahme von Filialen aufholen, sondern mit Veränderungen im Auftritt und in der Kommunikation.
Wie sensibel reagieren Verbraucher also auf Werbung mit einer umstrittenen Persönlichkeit? Grundsätzlich finden es zwei Drittel der Deutschen angemessen, wenn ein Unternehmen die Zusammenarbeit mit einem Promi beendet, wenn dieser in einen Skandal verwickelt ist. Mit YouGov Profiles können wir uns diese Gruppe näher ansehen: Diese Befragten geben verstärkt an, dass es ihnen wichtig ist, dass Marken für etwas stehen, mit Authentizität agieren und Prinzipien haben. Häufiger als in der Gesamtbevölkerung findet sich hier auch Zustimmung zu der Aussage: „Wenn eine Marke, die ich mag, eine Ansicht vertritt, mit der ich einverstanden bin, kaufe ich eher von dieser Marke.“
Entscheidung im Sinne der Kunden
Allerdings sind Menschen, die bei Kaufland einkaufen oder das in Betracht ziehen, insgesamt weniger kritisch als die Gesamtbevölkerung. Die überwiegende Mehrheit von ihnen findet dennoch den Abbruch der Zusammenarbeit richtig und legt Wert auf authentische Markenkommunikation. Kaufland hat also im Sinne seiner Kundinnen und Kunden entschieden.
Die Kampagne war jedoch kaum an Bestandskunden gerichtet. Nach ihrer eigenen Einschätzung sind diese besonders für Werbung im Fernsehen oder per persönlich adressierter Post empfänglich. Mit der Wendler-Kampagne wurden in erster Linie die sozialen Netzwerke bespielt – sie war also auf eine Zielgruppe ausgerichtet, die tendenziell nicht oder noch nicht bei Kaufland einkauft.
Menschen, die bereits Kunden von Kaufland sind oder für die das infrage kommt, sind online weniger gut zu erreichen. Das gilt insbesondere für soziale Netzwerke. Ein Grund dafür zeigt sich in unserer demografischen Analyse: Menschen ab 55 Jahren sind in der Kaufland-Kundschaft überrepräsentiert, während Menschen unter 35 Jahren dort verhältnismäßig selten einkaufen oder gedenken, dies zu tun. Michael Wendler sollte wohl bei der Verjüngung der Kundschaft helfen. Unter den Millennials ist jener Anteil, der den Stopp einer Werbekampagne wegen eines Promi-Skandals angemessen findet, aber deutlich geringer als in der Zielgruppe 55+.
So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.