Penny – “Wahre Preise“ und große Reaktionen
Die zur REWE Group gehörende Discounterkette Penny machte Ende Juli 2023 mit einer aufsehenerregenden PR- und Marketing-Idee von sich reden. Mit der Marketingkampagne “Wahre Preise“ machte das Unternehmen darauf aufmerksam, wie hoch die Kosten vieler Lebensmittel eigentlich sind, wenn man die Umweltfolgekosten bei der Produktion mit einbezieht. Laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace belaufen sich die Umwelt- und Klimaschäden allein bei der Produktion von deutschen Fleisch- und Milchprodukten jährlich auf ca. sechs Milliarden Euro.
Im Rahmen der Kampagne verlangte Penny eine Woche lang für neun seiner Produkte die “wahren Preise“. Damit kosteten beispielsweise Wiener Würstchen plötzlich 6 Euro, anstatt 3,20 Euro. Diese Aktion rief sowohl Kritik als auch Lob und Anerkennung hervor. Insbesondere Umwelt- und Verbraucherschützer wie Greenpeace sehen in der Kampagne einen wichtigen Schritt, fordern aber auch die Behörden und Unternehmen zum Handeln auf. Gleichzeitig geriet die Supermarktkette aber auch in die Kritik: Vorwürfe des “Greenwashing“ wurden laut, und die Aktion wurde als PR-Gag abgetan. Doch trotz aller Kontroversen hat die Kampagne eines erreicht: Das Thema Nachhaltigkeit und Penny sind mit der Aktion in den Mittelpunkt der Debatte gerückt.
Werbewahrnehmung steigt nach Kampagne, andere KPIs zeigen Verluste
Wir bei YouGov haben uns gut sechs Wochen nach der Kampagne im YouGov BrandIndex, unserem tagesaktuellen Markenperformance-Tracker, angesehen, wie die Marke Penny durch den medienwirksamen Coup unter den Verbrauchern performt hat und was sich möglicherweise verändert hat.
In jedem Fall lässt sich konstatieren, dass die Werbewahrnehmung, eine von 16 im BrandIndex gemessenen KPI-basierten Marken-Metriken, nach Anlauf der Kampagne gestiegen ist. Diese sicherlich von Penny erhoffte Entwicklung erzielte aber eher nur einen kurzfristigen Impact: Im Juli 2023 lag die Werbewahrnehmung unter den Kennern der Marke Penny bei gut 29 Prozent. Somit nahmen im Juli knapp drei von zehn Marken-Kennern Werbung von Penny wahr. Nach Anlauf der Kampagne am 31. Juli und im Laufe des Monats August stieg der Wert auf gut 31 Prozent. Derzeit pendelt er sich wieder bei 29-30 Prozent ein.
Der Altersvergleich zeigt, dass vor allem in der mittleren Altersgruppe, unter 31- bis 50-Jährigen, die Veränderung in der Werbewahrnehmung am ausgeprägtesten war. Nach Kampagnenstart kletterten die Werte für die Marken-Kenner jener Altersgruppe von rund 24 Prozent Anfang August auf rund 27 Prozent gen Ende August.
Der BrandIndex gibt darüber hinaus Auskunft, wie über die Marke unter Kennern seit Beginn der Marketing-Kampagne gesprochen wurde. Hier ist ein sehr deutlicher Negativ-Trend zu verzeichnen: Der Buzz-Wert, mit dem gemessen wird, ob über eine Marke mehrheitlich positiv oder negativ gesprochen wird, lag Anfang August bei rund +7 Scorepunkten und fiel bis zum Ende des Augusts auf +3 Punkte. Dies ist der geringste Buzz-Wert für Penny unter Kennern seit Ende November 2019.
Beim Altersvergleich sind es insbesondere die Befragten ab 51 Jahren, die in der Zeit der Kampagne negativ über Penny gesprochen haben: Der Wert unter Kennern dieser Altersgruppe viel von +7 Punkten auf +1 Scorepunkt Ende August.
Image-Verlust von Penny im August
Auch das Gesamt-Image der Marke hat durch die Kampagne eher gelitten: Ende August lag der aus sechs Einzelmetriken gebildete Index-Wert, mit dem das Gesamtimage einer Marke gemessen wird, von Penny unter Marken-Kennern bei ca. 9,5 Scorepunkten, der geringste Wert seit Oktober 2020. Wenige Wochen zuvor, Mitte Juli 2023, konnte im Gegensatz dazu noch ein Peek von +15 Punkten beobachten werden, ein Verlust von knapp 6 Punkten also innerhalb von sechs Wochen.
Unter Kennern der Marke wird Penny derzeit von jedem Vierten in Betracht gezogen: Aktuell, Mitte September, liegt der Wert bei 24 Prozent. Vor Beginn der Kampagne, also Ende Juli, lag er bei 27 Prozent. Auch hier sind also Verluste deutlich, jedoch gab es im Verlauf des Jahres 2023 bereits noch geringere Werte für die Kauferwägung: Im Januar lag sie bei 23 Prozent.
Nachhaltige Verbraucher ziehen Penny aktuell häufiger in Betracht
In der Zielgruppe derjenigen, die Nachhaltigkeit im Einzelhandel als wichtig oder sehr wichtig erachten, hat die Kampagne hingegen dazu beigetragen, dass die Kauferwägungs-Kurve derzeit nach oben führt: Unter Penny-Kennern, denen Nachhaltigkeit im Einzelhandel wichtig ist, zogen im letzten Drittel des Monats August drei von zehn die Marke Penny in Betracht (29 Prozent), einen Monat vorher waren es noch rund 25 Prozent.
Für Verfechter des Themas Nachhaltigkeit hat Pennys Ansatz und die angestoßene Debatte demnach einen positiveren Effekt als unter der Gesamtheit der deutschen Verbraucher hervorgerufen.
Kontroverse Kampagne, wichtiges Thema, aber Vorsicht
PR-Gag hin oder her – mit der Penny-Kampagne “Wahre Preise“ hat das Unternehmen Mut zur Kontroverse gezeigt und außerdem bewiesen, dass eine Supermarkt-Kette durch das Adressieren unbequemer Themen, wie Umweltbewusstsein und diesbezügliche persönliche Verantwortung, gut einen Monat zum Gespräch der Menschen werden konnte, sei es durch Anerkennung oder Spott. Dadurch schaffte es Penny, den bisher höchsten Wert seiner Kennerschaft im Verlauf des Jahres 2023 zu erreichen: 87,4 Prozent der deutschen Verbrecher haben im August von Penny gehört bzw. kennen die Marke. Penny muss allerdings aufpassen, dass diese starke Aufmerksamkeit im Monat August die Marke in der Zukunft nicht belastet. Die gesunkenen Index-, Buzz- und Kauferwägungs-Werte gilt es, im Laufe der kommenden Monate wieder ausgleichen. Wir sind gespannt, was sich Penny dafür als nächstes einfallen lässt.
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Foto: (c) Penny