Adidas & Kanye: Verbraucher honorieren harten Cut
Die Kanye-Kontroverse zeigt: Influencer- und Celebrity-Kollaborationen mit Unternehmen können sehr erfolgreich sein, jedoch auch negative Konsequenzen mit sich bringen.
Nach jahrelanger Zusammenarbeit hat der Sportartikelhersteller Adidas die Zusammenarbeit mit Kanye West beendet, nachdem der Rapper, neben anderen bedenklichen Bemerkungen, antisemitische Aussagen gemacht hat. Adidas ist nicht das einzige Unternehmen, das dem Rapper in den letzten Wochen und Monaten die Zusammenarbeit gekündigt hat. Doch wie reagieren Verbraucher in Deutschland auf das Ende der Kooperation von Kanye und Adidas? Mithilfe des Markenmonitor-Tools YouGov BrandIndex und dem Zielgruppen-Segmentierungs-Tool YouGov Profiles untersuchen wir, welche Auswirkungen die Entscheidung auf die Wahrnehmung der Marken unter anderem hat.
Reaktion begrenzt Schaden
Nicht erst zum Zeitpunkt seiner offenen antisemitischen Äußerungen machte Kanye West mit verbalen Ausfällen auf sich aufmerksam. Dennoch hielt Adidas länger als andere Unternehmen an der – lukrativen – Kooperation mit dem Rapper fest, bis die Herzogenauracher nun konsequent die Reißleine zogen. Ein Blick auf die im BrandIndex gemessenen Marken-Metriken zeigt, dass das Unternehmen mit seiner Entscheidung zur Beendigung der Zusammenarbeit die negativen Auswirkungen auf die Markenwahrnehmung eindämmen konnte. Im Beobachtungszeitraum der letzten drei Monate zeigt die Diskussion um die verbalen Ausfälle des Rappers deutliche Auswirkungen auf die Marken-Werte von Adidas.
Der Buzz, mit dem wir messen, ob über eine Marke mehrheitlich positiv oder negativ gesprochen wird, die Consideration, die angibt, inwieweit eine Marke in Betracht gezogen wird und der allgemeine Eindruck der Marke standen schon seit Ende August unter Druck. Mit der Berichterstattung um die verbalen Ausfälle Wests sowie das Ende der Zusammenarbeit Anfang Oktober fielen die Werte der genannten Metriken noch einmal deutlich. Die Verbraucher scheinen Adidas konsequentes Handeln jedoch zu schätzen. Fiel der Consideration-Score unter Markenkennern von einem Peak von 40 Prozent Anfang Oktober um 5 Prozentpunkte zur Mitte des Monats, ist die Talfahrt der Metrik seit der Bekanntgabe des Kooperationsendes gestoppt. Gleiches gilt für den Gesamteindruck und der Buzz scheint sich zu erholen, allerdings langsamer als andere der gemessenen Metriken.
Jüngere honorieren Kooperationsende stärker
Jüngere Verbrauchergruppen scheinen auf die Entscheidung des Unternehmens besser zu reagieren als ältere Zielgruppen. Zwar litt die Wahrnehmung der Marke in der Zielgruppe der bis-30-Jährigen Markenkenner im Beobachtungszeitraum am deutlichsten, doch erholt sich die Markenwahrnehmung hier auch am schnellsten. Hatten am 25. August 2022 noch 60 Prozent der bis-30-Jährigen einen positiven Eindruck von Adidas, lag dieser Wert in der Zielgruppe am 25. Oktober 2022 nur noch bei 42 Prozent. In den letzten Tagen erholte sich der Wert allerdings sehr schnell, sodass Anfang November wieder die Hälfte der deutschen Verbraucher bis 30 einen positiven Eindruck von der Marke haben. Ähnlich sieht es mit der Kaufabsicht in der Gruppe der bis-30-Jährigen aus. Auch in den älteren Altersgruppen erholen sich die Markenwerte unter Kennern der Marke wieder, die Diskussionen um die Äußerungen von West und das Ende der Zusammenarbeit haben sich hier insgesamt allerdings weniger deutlich ausgewirkt.
Influencer Marketing weiterhin wichtig
Die Kontroverse rund um Kanye West zeigt anschaulich, dass Influencer-Marketing und Kooperationen einerseits viel Erfolg aber auch unternehmerische Risiken mit sich bringen.Die Schattenseiten von Influencer- und Celebrity-Marketing haben wir bereits in einem vorherigen Artikel diskutiert. Trotz der negativen Auswirkungen der Zusammenarbeit mit Kanye West, zeigen unsere Zahlen, dass Influencer-Marketing und der Kooperation mit Stars deutlich zum Markenerfolg beitragen können. Auch Adidas sollte seiner Strategie treu bleiben: Jeweils ein Fünftel der Adidas-Kunden und derjenigen die Adidas in Betracht ziehen, vertrauen Produkten, die von Prominenten oder Influencern empfohlen werden, während nur 15 Prozent der Gesamtbevölkerung dies ebenfalls tun.
Ein Blick auf verschiedene Altersgruppen zeigt, dass dieser Wert in der Zielgruppe der GenZ noch höher ist: mehr als drei von zehn Angehörigen der GenZ (18 bis 24 Jahre), die Adidas in Betracht ziehen, vertrauen Empfehlungen von Stars und Influencern, fast doppelt so viele wie in der Gesamtbevölkerung. Influencer und Stars beeinflussen zudem aktiv die Kaufentscheidungen von nahezu einem Viertel der Verbraucher in dieser Altersgruppe, die Adidas in Betracht ziehen. In diesem Zusammenhang spielt die richtige Auswahl von Kooperationspartnern eine große Rolle, um unternehmerische Risiken zu minimieren.
Auswirkungen auch international
Adidas ist mit seiner Entscheidung, sich von Kanye West zu trennen, unbestreitbar den richtigen Weg gegangen. Die Einbußen von 250 Millionen Euro, die das Unternehmen hierfür in Kauf nimmt, werden wahrscheinlich schmerzlich sein, eine weitere Zusammenarbeit hätte die Reputation der Marke weiter schädigen können. Und das nicht nur hierzulande. Der Blick in die US-amerikanischen BrandIndex-Daten zeigt nämlich auch, dass der Vorfall rund um Kanye West auch in dessen Heimatland negative Auswirkungen auf die Markenwahrnehmung mit sich gebracht hat.
Gleiches gilt, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, für den französischen Markt. Aus der Erfahrung rund um die angekündigte Stundung von Mietzahlungen zu Beginn im Frühjahr 2020 und den hierdurch verursachten Image-Schaden, wird das Unternehmen wohl trotz der schnellen und eindeutigen Reaktion noch etwas mit der Assoziation mit dem kontroversen Rapper zu haben , auch wenn die Gesamtauswirkung bei weitem nicht so eklatant waren, wie im April 2020 und die Erholung der Marke deutlich schneller einsetzt.
So erschienen in der WirtschaftsWoche.