Tchibo kündigt Kochboxen an: Muss sich HelloFresh in Acht nehmen?
Tchibo-Kochboxen könnten HelloFresh Konkurrenz machen, doch das Unternehmen steht bei den Verbrauchern weiterhin hoch im Kurs – insbesondere bei veganen Befragten.
Auch wenn der Kochbox-Lieferant HelloFresh momentan an der Börse etwas strauchelt, ist das Unternehmen weiterhin die Nummer 1 auf dem deutschen Markt. Doch die Konkurrenz schläft nicht: Das Konsumgüter- und Einzelhandelsunternehmen Tchibo hat angekündigt, in naher Zukunft ebenfalls in das Kochboxen-Geschäft einzusteigen. Mit unserer Zielgruppen-Segmentierungs-Lösung YouGov Profiles haben wir uns angeschaut, wie die Verbraucher zu HelloFresh stehen und welches Potential Tchibo auf dem Kochbox-Markt hat.
HelloFresh führend
HelloFresh kämpft zwar momentan auch mit rapide steigenden Kosten und der Inflation, doch das Unternehmen konnte sich insbesondere während der Corona-Pandemie mit praktischen, bequemen Kochboxen für zuhause bei den deutschen Verbrauchern positionieren. HelloFresh wird unter den von uns abgefragten Kochbox-Anbietern am meisten genutzt. Dabei greifen Verbraucher, die sich vegetarisch, vegan oder flexitarisch ernähren, häufiger zu Kochboxen als Fleischesser. Fleischlose Ernährungsweisen sind gewissen Restriktionen unterworfen und gehen mit Anforderungen der Verbraucher, etwa bezüglich der Produktionsbedingungen, einher.
So zeigt eine aktuelle YouGov-Studie beispielsweise, dass Veganer bei ihren Lebensmitteln eher auf biologische Herstellung und Fairtrade achten. Zusätzlich legt diese Gruppe viel Wert auf Umweltschutz und kauft hauptsächlich von Unternehmen, deren Werte und ethische Ansprüche mit ihren eigenen übereinstimmen. HelloFresh wirbt mit nachhaltigen Zutaten, Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und weniger CO2-Ausstoß, zusätzlich können Kunden die Zutaten nach ihren Bedürfnissen spezifizieren. Mit diesen Adaptionsmöglichkeiten und der nachhaltigen Lieferkette sowie mit neuen Koch- und Küchentechniken, spricht das Unternehmen insbesondere vegane Verbraucher gut an und hat dabei ein gutes Gespür für Trends: Die Reduzierung des Fleischkonsums, etwa durch den Verzehr von veganen und vegetarischen Ersatzprodukten, spielt bei Verbrauchern eine immer größere Rolle.
Neuer Konkurrent Tchibo
HelloFresh mag zwar das Feld der Kochboxen-Anbieter hierzulande anführen, doch das Unternehmen ist vergleichsweise jung auf dem deutschen Markt, während Tchibo seit den 50er Jahren existiert und in den vergangenen Jahrzehnten einen loyalen Kundenstamm aufbauen konnte. Das Konsumgüter- und Einzelhandelsunternehmen hat seine Kunden eng in die Planung und Entwicklung seiner zukünftigen Kochboxen eingebunden und setzt auf Exklusivität und nutzergenerierte Inhalte, um das Angebot bekannt zu machen: Ausgesuchte Tester innerhalb der Tchibo-Community bewerben mögliche Kochbox-Inhalte auf Social Media und wecken somit die Neugier. Gleichzeitig ist es ein gutes Beispiel für gelungenes Empfehlungsmarketing und Social-Shopping, das insbesondere bei jüngeren Zielgruppen im Trend liegt, wie wir in einer vergangenen Studie feststellen konnten. Der mögliche Erfolg einer solchen Fokussierung zeigt sich auch in unseren Daten- die Bereitschaft für Tchibo-Produkte unter den Verbrauchern ist vorhanden, nahezu ein Fünftel der HelloFresh-Kunden zieht Tchibo beim nächsten Kauf in Betracht, noch höher sind diese Zahlen allerdings bei GenZ Kunden, die Social Media und Social Shopping ausgiebig nutzen. Mit dieser Marketingstrategie dürfte Tchibo daher diese Zielgruppe gut ansprechen.
Tchibo wird assoziiert mit Kaffee, Tee, Küchengeräten und zahlreichen anderen Produkten. Diese Vielfältigkeit bietet große Chancen, da das Unternehmen viele unterschiedliche Zielgruppen ansprechen und an sich binden kann. Andererseits birgt das breite Angebot auch die Gefahr, dass die neuen Tchibo-Kochboxen inmitten der Masse untergehen könnten. Am anderen Ende des Geschäftsspektrums wiederum ist HelloFresh, das sich einzig auf eine Produktart spezialisiert. Infolgedessen ist die Assoziation des Firmennamens mit Kochboxen sehr hoch und könnte dem Unternehmen dabei helfen, seine Position als Marktführer zu halten. Den Verbrauchern bleibt also die Qual der Wahl.
So erschienen in der WirtschaftsWoche.