Rund drei von fünf Deutschen befürworten politischen Boykott von Olympia
Aktuelle YouGov-Eurotrack-Umfrage zu den Olympischen Winterspielen in China
Derzeit finden in Chinas Hauptstadt Peking die Olympischen Winterspiele statt. Entgegen den Ambitionen der Veranstalter, mit diesem internationalen Großereignis weltweit ein möglichst großes Publikum zu erreichen, gaben Anfang Februar drei Viertel der Deutschen (75 Prozent) an, die Spiele nicht aktiv verfolgen zu wollen. Nur knapp jeder fünfte Befragte (18 Prozent) gab an, sich die Spiele anschauen zu wollen.
Einige Staaten, wie die USA aber auch Großbritannien, Japan, Kanada, Belgien, Australien und Dänemark, haben vor Beginn der Olympischen Winterspiele einen politischen Boykott des Sportevents angekündigt. 59 Prozent der Deutschen finden einen politischen Boykott der Winterspiele richtig. Nur rund jeder Fünfte (22 Prozent) ist mit einem solchen politischen Boykott nicht einverstanden.
37 Prozent der Deutschen hätten sich einen formalen politischen Boykott durch die Regierung gewünscht
Die deutsche Bundesregierung hat zwar keinen formalen Boykott der Winterspiele ausgesprochen, hat jedoch entschieden, keine Regierungsvertreter nach Peking zu schicken. Dies befürworten rund drei von fünf Deutschen (62 Prozent). Knapp mehr als jeder fünfte Befragte (22 Prozent) findet es dagegen falsch, keine deutschen Regierungsvertreter nach Peking zu senden. Mit 85 Prozent befürworten Befragte, die bei der letzten Bundestagswahl die Grünen gewählt haben, die Entscheidung, keine Vertreter zu entsenden, am stärksten. Wähler der AfD lehnen dies am häufigsten ab (37 Prozent).
28 Prozent aller Deutschen finden die Positionierung der Bundesregierung, nicht von einem politischen Boykott zu sprechen, jedoch auch nicht in Peking anwesend zu sein, ausreichend. 37 Prozent dagegen hätten sich einen formalen politischen Boykott der Spiele durch die Bundesregierung gewünscht. Diesen Wunsch teilt mehr als jeder zweite Grünen-Wähler (54 Prozent). Unter Wählern der SPD, FDP und CDU/CSU teilen jeweils 37 Prozent diese Ansicht. Nur 16 Prozent aller Deutschen finden, dass Vertreter der Bundesregierung zu den Spielen nach Peking reisen sollten.
Die Hälfte der Befragten würde sportlichen Boykott von Wettbewerben in Ländern mit schlechter Menschenrechtslage unterstützen
Mehr als jeder zweite Deutsche (55 Prozent) findet zudem, dass auch deutsche Sportlerinnen und Sportler internationale Sportereignisse boykottieren sollten, wenn die Spiele in einem Land mit einer schlechten Menschenrechtslage stattfinden. Mit dieser Meinung sind die Deutschen nicht allein – auch in den anderen in der Eurotrack-Studie befragten Ländern ist mehr als die Hälfte der Befragten der Meinung, dass die jeweiligen nationalen Teams das Sportereignis boykottieren sollten. Am stärksten ist diese Meinung in Großbritannien (59 Prozent) und Frankreich (57 Prozent) vertreten. Gleichzeitig sind sich in allen Eurotrack-Ländern viele Befragte bei dieser Frage unsicher: In Großbritannien (27 Prozent), Italien (27 Prozent) und Frankreich (26 Prozent) geben etwa mehr als jeder vierte Befragte an, dazu keine Meinung zu haben.
Nach Ansicht der meisten Befragten, die sich zuvor für einen Boykott durch die Sportler und Teams ausgesprochen haben, sollte die Entscheidung über einen sportlichen Boykott von den nationalen Dachverbänden der jeweiligen Sportart getroffen werden. Am häufigsten teilen Befragte aus Italien diese Meinung (62 Prozent), unter deutschen Befragten sieht das rund die Hälfte so (52 Prozent). Ein Teil der Befragten sieht die Verantwortung auch bei der jeweiligen Regierung, am häufigsten in Dänemark (30 Prozent). Vor allem Briten finden jedoch auch, dass die Entscheidung von den Mannschaften und einzelnen Sportlern selbst getroffen werden sollte (29 Prozent). Diese Meinung teilt in Deutschland nur knapp jeder Vierte (23 Prozent), am wenigsten Zustimmung erhält sie in Italien (9 Prozent) und Dänemark (10 Prozent).
Konsens über zu starke Bereitschaft von Sportorganisationen zur Zusammenarbeit mit undemokratischen Staaten
Grundsätzlich gibt es unter Befragten aus allen Eurotrack-Ländern eine breite Zustimmung, dass internationale Sportorganisationen zu bereitwillig sind, mit undemokratischen Staaten zusammenzuarbeiten. Etwa drei von fünf Befragten in Deutschland (58 Prozent), Dänemark (63 Prozent), Schweden und Spanien (jeweils 57 Prozent) teilen diese Meinung. Am wenigsten stimmen Befragte aus Italien zu: Hier finden nur zwei von fünf Befragten (39 Prozent), dass internationale Sportorganisationen zu bereitwillig sind, mit undemokratischen Staaten zusammenzuarbeiten. Insgesamt fallen auch bei dieser Frage erneut die hohen Weiß-nicht-Anteile auf. In Italien (35 Prozent), Großbritannien (34 Prozent) und Frankreich (36 Prozent) gibt jeweils mehr als jeder Dritte auf diese Frage keine Antwort. In Deutschland (24 Prozent), Schweden (26 Prozent) und Dänemark (23 Prozent) ist es jeweils rund jeder Vierte.
Keinen Zweifel gibt es für die Mehrheit der Befragten daran, dass internationale Sportorganisationen die Menschenrechtslage eines Landes bei der Entscheidung über den Austragungsort einbeziehen sollen. Am deutlichsten wird dies mit 83 Prozent in Spanien befürwortet. In Italien (79 Prozent), Dänemark (77 Prozent), Großbritannien und Deutschland (jeweils 75 Prozent) sind jeweils rund drei Viertel der Befragten dieser Meinung. Nur ein geringer Anteil der Befragten in den jeweiligen Ländern findet, dass die Menschenrechtsbilanz bei der Entscheidung über den Austragungsort keine Rolle spielen sollte. Dies sehen 14 Prozent der Schweden so, wohingegen in Frankreich (11 Prozent) und Deutschland (10 Prozent) dies rund jeder zehnte Befragte sagt.
Dies sind Ergebnisse einer aktuellen Umfrage der internationalen Data & Analytics Group YouGov, für die 2.036 wahlberechtigte Personen in Deutschland zwischen dem 04. und 08. Februar 2022 mittels standardisierter Online-Interviews befragt wurden, sowie Ergebnisse der aktuellen Eurotrack-Umfrage der internationalen Data & Analytics Group YouGov in sieben europäischen Ländern. Dafür wurden insgesamt 2.065 Personen in Deutschland, 1.695 im Vereinigten Königreich, 1.026 in Frankreich, 1.025 in Dänemark, 1.006 in Schweden, 1.053 in Spanien und 1.015 in Italien zwischen dem 12. und 24. Januar 2022 mittels standardisierter Online-Interviews befragt. Die Ergebnisse sind gewichtet und repräsentativ für die jeweiligen Bevölkerungen ab 18 Jahren.
Foto: Michael Kappeler/dpa