Welchen Brauereien das Marketing während der Corona-Krise gelingt
Corona hat den Bierabsatz schwinden lassen. Inzwischen gehen viele Deutsche wieder mit einem guten Gefühl in Biergärten. Wie sollten die Biermarken um sie werben?
Die Scherze ließen nicht lange auf sich warten, als sich vor gut einem halben Jahr eine Pandemie anbahnte, verschuldet durch ein Virus, das den gleichen Namen trägt wie eine Biermarke: Corona. Ein Autor der Website BoingBoing spekulierte sogar, dass der beliebtesten Biermarke Mexikos ein ähnliches Schicksal drohen könnte wie Ayds, einem appetithemmenden Kaubonbon, das während der Aids-Krise von Verbrauchern gemieden wurde. Doch der Marke Corona geht es bislang gut, wie ein Blick auf den mexikanischen Markt mit unserem internationalen Markenmonitor YouGov BrandIndex zeigt. Hier weist die Marke Kundenzahlen auf, die sich im für sie üblichen Rahmens bewegen. Im wichtigen US-Markt zeigt der BrandIndex in der ersten Jahreshälfte zwar eine unterdurchschnittliche Performance, aber aktuell trinken wieder genauso viele US-Amerikaner Corona-Bier wie in einem normalen Sommer.
Für die großen Biermarken in Deutschland ist das Bild zwiespältig. Betrachten wir, wie viele Verbraucher in den ersten acht Monaten dieses Jahres Bier gekauft haben, erreichen nahezu alle 30 von uns erfassten Marken ähnliche Werte wie im Vorjahreszeitraum. Das ist die gute Nachricht. Doch auch wenn in etwa gleich viele Menschen Bier trinken, hat die Menge an Bier, die sie trinken, abgenommen. Die generell seit Jahren sinkenden Absatzzahlen für Bier in Deutschland sind durch ausgefallene Feste, geschlossene Kneipen und abgesagte Events im ersten Halbjahr 2020 besonders stark gefallen: um 5,9 Prozent, wie das Statistische Bundesamt errechnet hat. Am stärksten brach der Absatz im April ein, mit einem Minus von 17,3 Prozent im Vergleich zum April 2019.
Wo Bier-Werbung wirkt
Im Auftrag der International Alliance for Responsible Drinking erhob YouGov im Frühjahr Zahlen zum durch Corona veränderten Alkoholkonsum. 19 Prozent der Deutschen gaben an, weniger oder gar keinen Alkohol mehr zu trinken. Viele wollten dies auch beibehalten, wenn die Corona-Beschränkungen wieder gelockert würden. Die Branche kann sich also nicht darauf verlassen, dass der Absatz automatisch wieder auf das alte Niveau zurückkehrt. Selbst wenn es wieder mehr Gelegenheiten zum Bierkonsum gibt.
Damit nicht noch mehr bestes Bier entsorgt beziehungsweise in Biogas verwandelt werden muss – wie es mit Millionen Litern Bier in Australien geschehen ist – sind Werbemaßnahmen angebracht. In unserem Zielgruppen-Segmentierungs-Werkzeug YouGov Profiles können wir uns etwa Konsumenten genauer ansehen, die innerhalb der nächsten 30 Tage Bier kaufen wollen, wie sie in unserer Befragung angeben haben. Von diesen Verbrauchern geben nämlich 47 Prozent an, dass sie für Fernsehwerbung empfänglich sind. 25 Prozent nehmen Werbung in Zeitungen wahr. Werte, die sehr viel höher sind als in der Gesamtbevölkerung. Auch große Plakatwände sowie Außenwerbung an Supermärkten werden von potenziellen Bierkunden nach eigener Aussage häufiger wahrgenommen.
Paulaner beliebter im Biergarten
Dass die Zielgruppe auch online erreichbar ist, beweist unter anderem Krombacher. Unter Deutschen, die angeben, dass sie Online-Werbung am stärksten in sozialen Netzwerken registrieren, haben im Juli 27 Prozent Krombacher-Werbung wahrgenommen – eine Steigerung um 11 Prozentpunkte im Vergleich zum Juni. Und Paulaner konnte in dieser Zielgruppe zwischen Mai und August eine Verdoppelung seiner Werbewahrnehmung erreichen.
Bei Paulaner zeigt sich in unseren Daten zudem eine besondere Abhängigkeit von geöffneten Biergärten. Wer in diesem Jahr trotz Corona einen Biergarten besucht hat, gibt deutlich häufiger als der Durchschnittsverbraucher an, Paulaner gekauft zu haben.
Auch Franziskaner und Erdinger sind bei Biergartenbesuchern überdurchschnittlich beliebt, während die meistgekaufte Biermarke, Krombacher, bei Biergartenbesuchern auf ein etwa genauso großes Interesse stößt wie im Rest der Bevölkerung.
Dass die verbleibenden Spätsommertage den Bierkonsum durch wiedereröffnete Biergärten weiter ankurbeln können, darauf darf die Branche berechtigterweise hoffen. Denn immerhin jeder zweite Befragte gibt an, sich beim Besuch eines Biergartens trotz Corona wohl zu fühlen. Andere Gelegenheiten, bei denen sonst gerne ein Bier getrunken wird, werden aber noch von vielen Menschen gemieden. In Kneipen und Bars würden sich derzeit nur 28 Prozent der Erwachsenen wohlfühlen, bei Veranstaltungen wie Fußballspielen oder Konzerten noch weniger.
So erschienen auf WirtschaftsWoche Online.