Am 8. März ist Weltfrauentag. Kurz nach der Bundestagswahl haben wir deutsche Wahlberechtigte deshalb gefragt, wie es ihrer Meinung nach hierzulande um die Gleichstellung von Mann und Frau bestellt ist. Obwohl im Wahlkampf deutlich andere Themen eine wichtige Rolle spielten, zeigt sich: Die Mehrheit der Deutschen sieht die Gleichstellung zwischen Mann und Frau als noch nicht vollständig erreicht.
61 Prozent der wahlberechtigten Deutschen sind der Meinung, Frauen hätten in der deutschen Gesellschaft aktuell nicht die gleichen Rechte und den gleichen Status wie Männer. Dieser Eindruck ist unter Frauen mit 72 Prozent noch einmal deutlich verbreiteter. Unter Männern ist dagegen eine knappe Mehrheit (51 Prozent) der Ansicht, dass Frauen Männern gleichgestellt sind.
Im Vergleich zu einer YouGov-Umfrage im Jahr 2023 zeigt sich keine Veränderung. Auch damals glaubten 61 Prozent der Befragten nicht, dass Gleichstellung bereits erreicht sei und auch das Verhältnis des Antwortverhaltens von Männern und Frauen war dem heutigen sehr ähnlich.
Mehrheit sieht Gleichstellung in Schule und Ausbildung, nicht aber am Arbeitsplatz
Aus Sicht der deutschen Wahlberechtigten ist die Gleichstellung von Mädchen und Frauen besonders in Schule und Ausbildung verwirklicht, in Bezug auf das Arbeitsleben dagegen eher nicht. So sehen drei von vier Wahlberechtigen (75 Prozent) die Gleichstellung von Frauen und Männern in Schule und Ausbildung als bereits realisiert, für den Arbeitsplatz liegt dieser Wert dagegen bei nur 40 Prozent. 56 Prozent glauben, dass Frauen und Männer im Berufsleben nicht gleichgestellt sind. Neben dem Bereich Erfahrungen mit Kriminalität / Sicherheit (57 Prozent) ist dies der einzige Bereich, in dem mehr als 50 Prozent die Gleichstellung als nicht gegeben ansehen.
Verbesserung in Schule und am Arbeitsplatz, Verschlechterung bei Politik, Familie und Sicherheit
Die Beurteilung der Gleichstellung in den verschiedenen Lebensbereichen hat sich im Vergleich zu 2023 verändert. Im Bereich Schule und Ausbildung ist die Wahrnehmung einer bereits erfüllten Gleichstellung noch verbreiteter, als vor zwei Jahren (2023: 67 Prozent, 2025: 75 Prozent). Auch am Arbeitsplatz wird heute häufiger Gleichstellung gesehen (2023:33 Prozent, 2025: 40 Prozent).
Die Gleichstellung Zu Hause und im Familienleben (2023: 61 Prozent, 2023: 57 Prozent) sowie bei politischen Entscheidungen (2023: 52 Prozent, 2025: 47 Prozent) wurde 2023 dagegen häufiger als realisiert betrachtet, als heutzutage. Recht stark ausgeprägt ist der Unterschied im Bereich Erfahrungen mit Kriminalität / Sicherheit: Hier beurteilten im Jahr 2023 noch 35 Prozent Männer und Frauen als gleichgestellt, im Jahr 2025 sind es nur noch 29 Prozent. Einzig im Bereich Repräsentation in den Medien ist keine große Veränderung zu erkennen (2023: 58 Prozent, 2025: 59 Prozent)
Besonders Wählerinnen und Wähler progressiver Parteien sehen Nachholbedarf bei Gleichstellung
Besonders Personen, die bei der vergangenen Bundestagswahl eher progressive Parteien gewählt haben, sehen die Gleichstellung von Frau und Mann noch nicht realisiert: Unter Wählerinnen und Wählern der Linken finden dies 83 Prozent, bei den Grünen sind es 74 Prozent. Auch unter Wählerinnen und Wählern der SPD liegt der etwas Wert höher als in der Gesamtbevölkerung (66 Prozent), ähnliches gilt für Wählerinnen und Wähler des BSW (63 Prozent).
Wählerinnen und Wähler von CDU/CSU sind in dieser Frage gespalten: 50 Prozent glauben, die Gleichstellung sei bereits verwirklicht, während weitere 50 Prozent der gegenteiligen Meinung sind.. Unter Wählerinnen und Wählern der FDP (56 Prozent) und der AfD (52 Prozent) sieht dagegen die knappe Mehrheit Frauen und Männer gleichgestellt.
Wählerinnen und Wähler von AfD und FDP sehen Gleichstellung am wenigsten im Bereich Kriminalität und Sicherheit
Auch in Bezug auf die verschiedenen Lebensbereiche zeigt sich ein ähnliches Muster. Über die meisten abgefragten Bereiche hinweg sehen Wählerinnen und Wähler von CDU/CSU, AfD und FDP die Gleichstellung bereits verwirklicht, während Wählerinnen und Wähler von Linken, Grünen und SPD anderer Meinung sind. Auch Wählerinnen und Wähler des BSW sehen die Gleichstellung in den meisten abgefragten Bereichen noch nicht realisiert.
Auffällig ist allerdings die Bewertung des Bereichs Erfahrungen mit Kriminalität / Sicherheit. Dieser stellt den einzigen abgefragten Bereich dar, in dem Wählerinnen und Wähler der AfD (53 Prozent) und der FDP (51 Prozent) die Gleichstellung von Frauen und Männern mehrheitlich als nicht realisiert betrachten. Auch unter Wählerinnen und Wählern der CDU/CSU ist der Wert (49 Prozent) vergleichsweise hoch. Wählerinnen und Wähler der anderen Parteien weisen in diesem Bereich allerdings noch höhere Werte auf. Besonders stechen dabei erneut Wählerinnen und Wähler der Linken (75 Prozent) und Grünen (70 Prozent) hervor.
Begriff Feminismus: Imageproblem bleibt bestehen
Bereits in einem in einer YouGov-Umfrage aus dem Jahr 2023 durchgeführten Experiment zeigte sich, dass der Begriff Feminismus ein Imageproblem hat. Dies hat sich auch 2025 nicht geändert. In beiden Jahren zeigt sich eine deutliche Diskrepanz zwischen der inhaltlichen Zustimmung zum Anliegen des Feminismus und der persönlichen Identifizierung mit dem Begriff.
Inhaltlich steht das Wort Feminismus für eine soziale Bewegung, die sich dafür einsetzt, dass Männer und Frauen in der Gesellschaft die gleichen Rechte und den gleichen Status haben und in jeder Hinsicht gleichbehandelt werden sollten. Legt man Befragten nur diesen inhaltlichen Gehalt des Begriffs Feminismus vor, geben 86 Prozent der Befragten an, dies zu unterstützen. Fragt man Personen allerdings danach, ob sie sich selbst als Feministen / Feministin bezeichnen, stimmen nur 15 Prozent zu. Wählt man eine Variante, in der man den Begriff Feminist / Feministin mit seiner inhaltlichen Bedeutung verknüpft, fällt das Ergebnis gespalten aus (43 Prozent anworten mit „Ja“, 42 Prozent mit „Nein“).
Für dieses Experiment wurde die Gesamt-Stichprobe zufällig in drei ähnlich große Gruppen aufgeteilt. Jeder Gruppe wurde nur eine der drei Fragen vorgelegt. Die Ergebnisse des diesjährigen Experiments unterscheiden sich kaum von den Ergebnissen aus dem Jahr 2023.
Jeder zweite Mann findet, Feminismus schadet mehr, als er nützt
Das Konzept des Feminismus ist unter deutschen Wahlberechtigten umstritten. 40 Prozent der Befragten glauben, dass Feminismus der Gleichstellung von Frauen und Männern mehr schadet als nützt, 43 Prozent glauben, dass das Gegenteil der Fall ist. Auch hier zeigen sich wieder Unterschiede nach Geschlecht und politischer Präferenz. Besonders Männer (53 Prozent) und Wählerinnen und Wähler von rechten und konservativen Parteien finden Feminismus eher schädlich. Unter Wählerinnen von Wählern der AfD (67 Prozent), der FDP (56 Prozent) und der CDU (53 Prozent) ist dies die mehrheitliche Meinung. Im Gegensatz dazu sind besonders Wählerinnen und Wähler der Grünen (71 Prozent) vom Gegenteil überzeugt.