13% der jungen Schweizer mit ungedecktem Therapiebedarf
Wie glücklich ist die Schweiz? Dieser Frage ist YouGov Schweiz anlässlich des diesjährigen Weltglückstags am 20. März nachgegangen. Mittels verschiedener Fragen zum Wohlbefinden, dem sozialen Umfeld und dem eigenen Verhalten wurde ermittelt, wie es um das Allgemeinbefinden der Schweizer Bevölkerung steht.
Schweizerinnen und Schweizer sind glücklich, aber auch erschöpft
Grundsätzlich sind die meisten Schweizerinnen und Schweizer sehr glücklich. Auf einer Skala von 0 (sehr unzufrieden) bis 10 (sehr zufrieden) gab die grosse Mehrheit der Teilnehmenden (73 Prozent) an, eine hohe Zufriedenheit mit ihrem Leben zu verspüren (=Skalenpunkt 7 oder höher). Diese Zufriedenheit scheint überdies bei fast jeder zweiten Person längerfristig stabil zu sein: Fast die Hälfte aller Befragten (44 Prozent) gibt an, dass ihre Zufriedenheit mit ihrem Leben in letzter Zeit gleichgeblieben sei, während jeweils mehr als ein Viertel (25 bzw. 31 Prozent) angibt, dass diese sich (eher) verbessert bzw. verschlechtert habe. Mit diesem hohen Grad an stetiger Lebensfreude bestätigt sich die Position der Schweiz als eines der Länder mit der höchsten Lebenszufriedenheit der Welt.
Auffallend ist der Eindruck einer weit verbreiteten Ermüdung: Antworten auf die Frage, ob sich die Teilnehmenden an Vortag gut erholt gefühlt haben, verteilen sich fast gleichmässig auf die Antwortkategorien «Ja» (55 Prozent) und «Nein» (45 Prozent). Trotz der durchschnittlich hohen Lebenszufriedenheit und dem generell hohen emotionalem Wohlbefinden fühlte sich im Erhebungszeitraum fast jeder zweite Schweizer im ermüdet.
Erfahrung mit und Bedürfnis nach Therapie bei jungen Personen markant höher
Ausserdem zeigt die Umfrage ein deutlich erhöhtes Bedürfnis nach und Nutzung von psychologischer oder psychiatrischer Beratung in jüngeren Personen. Von den Teilnehmenden im Alter von 18 bis 29 Jahren gab knapp jeder fünfte (19 Prozent) an, momentan an einer diagnostizierten psychologischen Erkrankung und/oder Störung (ausgenommen neuronale Entwicklungsstörungen) zu leiden. Zum Vergleich: Damit ist der Anteil von momentan betroffenen Personen in dieser Altersgruppe fast doppelt so hoch wie bei über-29-Jährigen, wo momentan nach eigenen Angaben nur etwas weniger als jede zehnte Person (8 Prozent) an einer diagnostizierten psychologischen Krankheit leidet.
Dieser Trend schlägt sich ebenfalls im tatsächlichen Bezug nieder, den die Teilnehmenden in verschiedenen Altersgruppen zu psychologischen oder psychiatrischen Therapien haben. Von den Teilnehmenden zwischen 60 bis 79 Jahren waren knapp drei Viertel (71 Prozent) nie in Therapie und verspüren kein Bedürfnis danach, von den befragten 45- bis 59-Jährigen sind es zwei Drittel (65 Prozent). In der Altersgruppe der 30- bis 44-Jährigen liegt der Wert noch bei 52 Prozent, bei den 18- bis 29-Jährigen nur noch bei 45 Prozent.
Umgekehrt zeigt sich, dass jüngere Altersgruppen häufiger bereits direkten Kontakt mit Therapien gehabt haben. Unter Personen zwischen 18 – 29 Jahren ist beispielsweise der Anteil an Personen, die momentan in Therapie sind oder sich in eine solche begeben möchten, mit 27 Prozent am höchsten. Bei den 60- bis 79-Jährigen liegt dieser Wert mit 4 Prozent bedeutend tiefer. Die vorliegenden Daten zeigen, dass das Bedürfnis nach psychologischen Behandlungen bei jüngeren Personen gegenüber älteren Generationen deutlich höher ist, und: Mit 13 Prozent hat mehr als jede zehnte 18- bis 29-jährige Person in der Schweiz trotz Bedarf keinen Zugang zur Therapie.
Sozialer Austausch für viele der wichtigste Faktor für das eigene Wohlbefinden
Angelehnt an die 10 Schlüssel zum glücklicheren Leben, welche die globale Bewegung «Action for Happiness» beschreibt, wurden die Teilnehmenden befragt, wie häufig sie verschiedene glücksfördernde Aktivitäten unternehmen. Wenn Befragte angaben, mehrere davon mehr als einmal pro Monat zu unternehmen, wurden sie zusätzlich gefragt, welche Aktivität für ihr Wohlbefinden am wichtigsten ist.
Der soziale Austausch mit Freunden oder Familie sticht hier deutlich hervor: Ein Drittel aller Teilnehmenden (34 Prozent) stufen diesen als die wichtigste Aktivität für ihr eigenes Wohlbefinden ein. Darauf folgen Zeit für sich selbst (15 Prozent) und Sport (11 Prozent).
Dabei zeigen sich vor allem zwischen den Geschlechtern Unterschiede in den Vorlieben für Tätigkeiten, die dem Wohlbefinden dienen. So geben zum Beispiel vier von zehn (41 Prozent) befragte Frauen an, der Austausch mit Freunden oder Familie sei für sie die wichtigste Aktivität für das eigene Wohlbefinden, bei Männern sind es nur etwa ein Viertel (28 Prozent). Letztere nennen im Vergleich zu Frauen hingegen öfters den Sport (Männer: 13 Prozent vs. Frauen: 9 Prozent) oder das Verfolgen eines persönlichen Ziels ausserhalb der Karriere (Männer: 11 Prozent vs. Frauen: 5 Prozent) als wichtigste Aktivität für ihr Wohlbefinden.
Je weniger Vertrauenspersonen, desto geringer die Lebenszufriedenheit
Auffallend ist der Einfluss von sozialen Beziehungen auf das persönliche Wohlergehen. In einer Reihe von Fragen wurde gefragt, auf wie viele Bekanntschaften die Teilnehmenden in verschiedenen Situationen zählen könnten, wenn sie emotionale oder praktische Unterstützung benötigen. Die durchschnittliche Anzahl an Bekanntschaften, die angegeben wurde, liefert Indikationen darauf, wie gross das soziale Netzwerk einer gegebenen Person ist. Teilnehmende, die in diesen Fragen durchschnittlich die wenigsten sozialen Kontakte angegeben haben (0 – 2.49), sind im Durchschnitt etwa 1.5 Punkte unzufriedener mit ihrem Leben als Teilnehmende, die durchschnittlich die meisten Kontakte haben (7.5 – 10).
Dies sind Ergebnisse einer Umfrage im Rahmen von YouGov Swiss Academia – zugeschnitten auf die Bedürfnisse wissenschaftlicher Forschung. Die Befragung wurde durchgeführt im aktiv rekrutierten und verifizierten Schweizer Onlinepanel von YouGov, und es wurden 1’253 in der Schweiz wohnhafte Personen im Alter von 18 bis 79 Jahren (repräsentativ für die dortige Wohnbevölkerung, können den Fragebogen auf Deutsch, Französisch oder Italienisch ausfüllen) befragt. Die Umfrage fand vom 14. bis 28. Februar 2024 statt.