Zum Weltfrauentag: 73 Prozent der Frauen in Deutschland sehen hierzulande keine Gleichberechtigung

Zum Weltfrauentag: 73 Prozent der Frauen in Deutschland sehen hierzulande keine Gleichberechtigung

Lea Königshofen - 8. März 2023

YouGov-Umfrage zur Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern und zu Feminismus

Die Gleichberechtigung von Frau und Mann steht im Grundgesetz und ist seit 1957 auch als Gleichberechtigungsgesetz gesetzlich festgeschrieben. Dennoch sieht die Mehrheit der Deutschen in den meisten Bereichen der Gesellschaft nach wie vor keine Gleichberechtigung von Frauen und Männern, wie Ergebnisse einer YouGov-Studie zeigen: Laut Wahrnehmung der Deutschen weicht die gelebte Gleichstellung von Frauen in Deutschland deutlich von ihrer gesetzlichen Festschreibung ab.

61 Prozent der Befragten geben an, dass Frauen in der deutschen Gesellschaft aktuell nicht die gleichen Rechte und den gleichen Status wie Männer haben. Unter weiblichen Befragten glauben sogar fast drei Viertel (73 Prozent), dass hierzulande derzeit keine Gleichstellung besteht. Unter männlichen Befragten sagt dies knapp jeder Zweite (48 Prozent).

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Vor allem im Arbeitskontext keine Gleichstellung für Mädchen und Frauen

Blickt man auf unterschiedliche gesellschaftliche Bereiche, so zeigt sich, dass die Mehrheit der Deutschen vor allem im Arbeitskontext und bei Erfahrungen mit Kriminalität bzw. Sicherheit noch keine Gleichstellung von Frauen und Männern sieht.

So geben 61 Prozent der Befragten an, dass Frauen und Mädchen in Deutschland am Arbeitsplatz eher oder überhaupt nicht gleichgestellt sind. Nur ein Drittel findet, dass für Frauen und Mädchen im Arbeitskontext eher eine Gleichstellung besteht. In Bezug auf Sicherheit bzw. Erfahrung / Erleben von Kriminalität gibt knapp die Hälfte der Befragten (47 Prozent) an, dass Mädchen und Frauen nicht gleichgestellt sind.

Und auch bezüglich politischer Entscheidungen sehen viele Befragten eine deutliche Ungleichheit: 37 Prozent der Befragten (und 43 Prozent der weiblichen Befragten) geben an, dass es in diesem Bereich keine Gleichstellung von Frauen und Mädchen gibt.

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Auch innerhalb der Regierungskoalition ist dieses Problem aktuell Thema: Speziell in der deutschen Außen- und Entwicklungspolitik soll zukünftig stärker auf die Rechte von Frauen und Mädchen geachtet werden. Erst kürzlich hat Außenministerin Annalena Baerbock daher Leitlinien für eine feministische Außenpolitik vorgestellt.

Am weitesten fortgeschritten sehen die Befragten die Gleichstellung von Frauen und Mädchen im Bereich Schule und Ausbildung. Hier geben 67 Prozent der Deutschen (und 61 Prozent der weiblichen Befragten) an, dass Frauen und Mädchen aktuell gleichgestellt seien. Rund ein Viertel aller Befragten (26 Prozent) teilt diese Meinung dagegen nicht.

Über alle Bereiche hinweg, speziell aber in Bezug auf die Themen Erfahrung mit Kriminalität bzw. Sicherheit, Repräsentation in den Medien und politische Entscheidungen, fallen vergleichsweise hohe Werte auf die Ausweichkategorie „Weiß nicht“. Dies könnte ein Hinweis für einen grundsätzlichen Bedarf für mehr Aufklärungsarbeit und Bildung zum Thema Gleichstellung von Mann und Frau in Deutschland sein.

Männer bewerten Gleichstellung durchgängig deutlich besser als Frauen

Insgesamt fällt bei der Beurteilung von wahrgenommener Gleichstellung eine hohe Diskrepanz zwischen den Geschlechtern der Befragten auf: So geben fast doppelt so viele Männer (52 Prozent) wie Frauen (27 Prozent) an, dass Frauen in Deutschland derzeit die gleichen Rechte und den gleichen Status haben.

Diese abweichende Wahrnehmung wird auch in den abgefragten gesellschaftlichen Bereichen sichtbar. Unter weiblichen Befragten sagen beispielsweise 70 Prozent, dass Frauen am Arbeitsplatz derzeit nicht gleichgestellt seien. Mit 51 Prozent ist nur die Hälfte der männlichen Befragten dieser Meinung – ein Unterschied von 19 Prozentpunkten. Insgesamt bewerten Männer die Gleichstellung von Frauen und Mädchen in den unterschiedlichen Bereichen jeweils rund 10 Prozentpunkte besser als Frauen.

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Der Begriff „Feminismus“ hat ein Imageproblem

Der Begriff „Feminismus“ bezeichnet als Oberbegriff eine soziale Bewegung, die sich für die Gleichstellung der Geschlechter, gegen Sexismus und Diskriminierung, und für Selbstbestimmung und Freiheit von Frauen einsetzt. Allerdings hat die Bezeichnung „Feminismus“ ein Imageproblem, wie verschiedene Studien sowie aktuelle Ergebnisse eines Umfrage-Experiments im YouGov Panel zeigen.

Danach gefragt, ob sie sich selbst als Feminist:in bezeichnen würden, bejahen dies 15 Prozent der Befragten. Mit 72 Prozent lehnen beinahe drei Viertel der Befragten die Bezeichnung ab. Wird der Frage jedoch eine Definition für den Begriff „Feminist:in“ vorangestellt („ein:e „Feminist:in“ ist eine Person, die der Meinung ist, dass Männer und Frauen in der Gesellschaft die gleichen Rechte und den gleichen Status haben und in jeder Hinsicht gleich behandelt werden sollen“), antworten 45 Prozent der Befragten mit „Ja“.

Lässt man den Begriff „Feminist:in“ im Fragetext weg und nimmt nur die oben genannte Definition als Basis der Frage, geben 83 Prozent der Befragten an, dass Frauen und Männer in der Gesellschaft die gleichen Rechte und den gleichen Status haben sollten.

Männer bezeichnen sich deutlich seltener als Feminist als Frauen

Auch hier wird ein Unterschied zwischen den Geschlechtern der Befragten deutlich. Zwar ist der beschriebene Effekt auch unter weiblichen Befragten zu beobachten, allerdings geben unter männlichen Befragten signifikant weniger Personen an, Feminist zu sein (Männer: 11 Prozent, Frauen: 20 Prozent). Wird die Definition inkludiert, geben 41 Prozent der männlichen Befragten und 49 Prozent der weiblichen Befragten an, Feminist:in zu sein. Der Aussage, dass Männer und Frauen in der Gesellschaft die gleichen Rechte und den gleichen Status haben sollten, stimmen beide Geschlechter jedoch mit jeweils rund vier von fünf Befragten zu gleichen Teilen zu (Männer: 82 Prozent, Frauen: 83 Prozent).

Für das Experiment wurde die Gesamt-Stichprobe zufällig in drei ähnlich große Gruppen aufgeteilt. Jeder Gruppe wurde nur eine der drei Fragen vorgelegt.

Effekt auch in anderen europäischen Ländern sichtbar

Der Begriff Feminismus scheint demnach besonders in Deutschland negativ belegt zu sein. Der Effekt ist jedoch – unterschiedlich stark ausgeprägt – auch in anderen europäischen Ländern zu beobachten. So geben etwa in Frankreich 33 Prozent und in Dänemark 24 Prozent der Befragten ohne weitere Informationen an, Feminist:in zu sein. Ist die Definition des Begriffs im Fragetext enthalten, bezeichnen sich 77 Prozent der Befragten in Frankreich und 49 Prozent der Befragten in Dänemark selbst als Feminist:in.

Befragte in Spanien bezeichnen sich mit am häufigsten als Feminist:in: Knapp jeder zweite Befragte (48 Prozent) bezeichnet sich ohne weiteren Kontext als Feminist:in, mit der Definition im Fragetext geben 72 Prozent an, Feminist:in zu sein. Insgesamt sind neun von zehn Befragten in Spanien (89 Prozent) der Meinung, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte und den gleichen Status haben sollten.

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Dies sind Ergebnisse der aktuellen Eurotrack-Umfrage der internationalen Data & Analytics Group YouGov, für die insgesamt 2.170 Personen in Deutschland, 2.062 Personen in Großbritannien, 1.032 Personen in Frankreich, 1.024 Personen in Dänemark, 1.009 Personen in Schweden, 1.028 Personen in Spanien und 1.021 Personen in Italien vom 8. bis 22. Februar 2023 mittels standardisierter Online-Interviews befragt wurden. Die Ergebnisse sind gewichtet und repräsentativ für die jeweiligen Bevölkerungen ab 18 Jahren.

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